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Rückblick Sozialer Stadtrundgang Bern

Alumni UniBE Corporate
30.05.2025

Gemeinsam mit dem Verein mindbalance besuchte Alumni UniBE einen sozialen Stadtrundgang von Surprise zum Thema Gewalt, psychische Erkrankungen und Armut.

Startpunkt sozialer Stadtrundgang beim Bürenpark

Die teilnehmenden Alumn*ae und Studierenden trafen sich im Monbijou-Quartier vor der HEKS / Gesamtkirchengemeinde Bern zu einem Stadtrundgang der anderen Art: Kathy Messerli, Stadtführerin von Surprise, begann den Rundgang mit der eindrücklichen Erzählung ihrer bewegenden Lebensgeschichte, die von Gewalt, sexuellem Missbrauch, Einweisungen in Psychiatrien, abgebrochenen Berufstätigkeiten, chronischen Schmerzen und Drogenkonsum geprägt war. Durch die vielen Rückschläge immer wieder zurückgeworfen, kämpfte sich die einstige Spitzensportlerin zurück ins Leben und schloss mit 40 Jahren ihre erste Ausbildung ab. Seitdem geht sie aufrecht ihren Weg als Stadtführerin bei Surprise. Anhand ihrer Biografie zeigt sie eindrücklich auf, wie ihr Leben aufgrund der traumatisierenden Erlebnisse in eine Abwärtsspirale geriet, welche Institutionen sie auf ihrem holprigen Weg begleiteten, auf welche Hilfsangebote sie noch angewiesen ist und wie sie heute ihren Alltag gestaltet. Schmunzelnd meint Kathy Messerli, es sei auch Karma: Der Stadtrundgang sei eine Art Therapieprozess. Früher habe sie dafür bezahlt, nun werde sie dafür bezahlt. 

Kathy Messerli zeigt Bild von ihrem Hund

Wichtige Begleiter sind ihre zwei Katzen und ihr Hund. Ihr Hund war wie eine Therapie für sie. Er half ihr, das Haus zu verlassen und unter Menschen zu gehen. Wenn sie mit ihm Gassi ging, musste sie am öffentlichen Leben teilhaben. Dabei traf sie auf andere «Hündeler» und kam mit ihnen ins Gespräch. Sie ging auch zu einer Theatergruppe und zur Gassenarbeit.

Berner Gesundheit Mediathek

Als zweite Station des Rundgangs begab sich die Gruppe zur Berner Gesundheit, wo Kathy Messerli sieben bis acht Jahre lang in Therapie war. In der Mediathek der Berner Gesundheit erfährt die Gruppe mehr über deren Arbeit in den Bereichen Gesundheitsförderung und Prävention, Sexualpädagogik sowie Suchtberatung und -therapie. Kathy Messerli erzählt der Gruppe wie schwer es ist, vom Alkohol loszukommen, und wie sie es geschafft hat, ihre Heroinsucht zu besiegen.

 Pinto im Monbijoupark

Im Monbijoupark traf die Gruppe auf die mobile Interventionsgruppe «Pinto ». Pinto steht für Prävention, Intervention und Toleranz und leistet aufsuchende Sozial- und Konfliktarbeit im öffentlichen Raum der Stadt Bern. Die Mitarbeitenden sind von Montag bis Samstag zwischen 09.00 und 23.00 Uhr auf der Gasse präsent und an ihren roten Westen erkennbar. Die Gruppe lernte die niederschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangebote für Menschen auf der Strasse kennen, wie etwa das Offene Büro an der Schwarztorstrasse 23, wo geduscht und gewaschen werden kann, das « • 6» an der Nägeligasse 3a - das Obdachlosencafé -, ...

Katzentaler
 
… oder den Katzentaler, der auf Initiative einer ehemaligen Pinto-Mitarbeiterin entstand und Bedürftigen zugutekommt. Er kann für fünf Franken.- beim Verein Katzentaler erworben und an obdachlose Menschen verschenkt werden. Diese können einen Taler für ein Essen oder eine Übernachtung an ausgewählten Orten einlösen. Die Taler können auch an Pinto und andere Organisationen gespendet werden, die damit Bedürftige unterstützen. 

Florapark
 
Anschliessend ging es für einen kurzen Abstecher in den Florapark, der direkt neben der amerikanischen Botschaft liegt und wo sich der Drogen- und Strassenstrich befindet. In den Gebüschen übernachten im Sommer oft Obdachlose. 

Madame Frigo

Auf dem Weg zur letzten Station des Rundgangs passierte die Gruppe noch einen öffentlichen Kühlschrank «Madame Frigo». Diese Kühlschränke werden von freiwilligen Helfenden, darunter auch Jugendlichen, mit unverkäuflichen Lebensmitteln von Supermärkten befüllt. Die Kühlschränke verhindern nicht nur Food Waste, sondern ermöglichen es von Armut betroffenen Personen, an Lebensmittel zu gelangen. 

Gruppe unterwegs
 
Der eindrückliche Rundgang durch das Monbijou-Quartier endete beim «Offenen Haus La Prairie». Es ist ein leicht zugänglicher Aufenthaltsort und Begegnungsraum für alle Menschen unabhängig von ihrer Geschichte. Von Dienstag bis Freitag können sich Gäste für fünf Franken am offenen Mittagstisch verpflegen, sonntags wird ein Brunch für zwei Franken angeboten. Wer sich das Essen nicht leisten kann, trägt sich für ein Ämtli ein und erwirbt sich so eine kostenlose Mahlzeit. Auch der Garten lädt die Gäste zum Verweilen ein. In diesem Garten schloss Kathy Messerli den Rundgang mit der Vorstellung der Angebote von Surprise, wie dem Café Surprise, ab. In Cafés mit einer gelben Sonne kann eine Tasse Solidarität geschenkt werden, indem Gäste zu ihrem eigenen Kaffee einen weiteren bezahlen. Dieser wird auf einer Strichliste auf einer Tafel notiert und kann von Armut betroffenen Menschen bestellt werden. So erhalten sie die Möglichkeit, am öffentlichen Leben teilzuhaben.  Ein Angebot, das Kathy Messerli selbst auch zu schätzen wusste, um rauszukommen und am sozialen Leben teilzunehmen. 

Wir danken Kathy Messerli für den interessanten und lehrreichen Stadtrundgang und wünschen ihr für ihren weiteren Weg alles Gute.

Fotos: © Alumni UniBE | Dres Hubacher